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Von: Reinhard Prahl
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Ein Star Trek unter Wasser versprach Rockne S. O'Bannon, als er die US-amerikanische Science-Fiction-Show seaQuest DSV aus der Taufe hob. Dass dies nicht in jeder Hinsicht gelang, ist Teil der TV-Historie. Dennoch sind die Abenteuer des futuristischen U-Boots und seiner Crew bis heute Kult. Wir erklären, warum.
Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!
Zum Inhalt
Im Jahr 2018 bevölkern die Menschen die Ozeane. Der UNO wurde die UEO, die United Earth Organization zur Seite gestellt, die für den Schutz der Meere sowie der neuen unterseeischen Grenzen verantwortlich zeichnet. Zur Durchsetzung ihrer Interessen setzt die UEO auf die seaQuest, das größte, modernste und am besten bewaffnete U-Boot der Welt. Es befindet sich unter dem Kommando von Captain Stark, einer machtbesessenen, gewalttätigen Frau. Als sie während eines Konfliktes gegen ausdrücklichen Befehl atomar bestückte Torpedos zum Einsatz bringen will, wird sie von ihrem Ersten Offizier Commander Ford abgelöst.
Nach diesem Desaster ist man sich einig, dass nur eine Person das Kommando über die seaQuest übernehmen kann: Nathan Bridger, der das Boot maßgeblich mitentwickelte und einst aus der Navy ausstieg, nachdem sein Sohn im Einsatz gefallen war. Doch Bridger lebt mit seinem Delfin Darwin zurückgezogen auf einer einsamen Insel und muss erst mit List und Tücke überredet werden.
In der Tiefsee kommt es schließlich zwischen Stark, die sich zwischenzeitlich einem skrupellosen Tycoon angeschlossen hat, und Bridger zum Showdown. Endlich sieht Nathan ein, dass ein so mächtiges U-Boot wie die seaQuest DSV besonnen geführt und überwiegend zu Forschungszwecken eingesetzt werden sollte. Also legt er seine Uniform wieder an und bricht auf, die Meere zu erforschen und gleichzeitig mit Verstand und Herz Recht und Ordnung zu verteidigen.
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Die Entstehung von seaQuest DSV
Star Trek: The Next Generation hatte sich längst zu einem Mega-Erfolg ausgeweitet, als der allseits bekannte Produzent und Autor Rockne S. O'Bannon („Alien Nation“, Farscape, Defiance) Steven Spielberg ansprach. Der Kult-Regisseur, der einige Jahre zuvor (1985 - 1987) den Genremix „Amazing Stories“ zwei Staffeln lang produziert hatte, zeigte sich begeistert von dem Konzept eines Enterprise-ähnlichen Unterseebootes. Er sprang O'Bannon als Executive Producer zur Seite und stellte mit ihm ein Autorenteam zusammen, dem unter anderem auch der „Wiseguy“-Veteran David J. Burke angehörte. Ein Projekt wie dieses verlangte aber zudem nach First-Class-Spezialeffekten, die sich nicht ohne Weiteres im Rahmen des angepeilten Budgets verwirklichen ließen. Doch wie wollte man das schaffen? Das Zauberwort hieß CGI.
Die visuellen Effekte wurden von Amblin Imaging entwickelt und basierten auf der damals noch jungen Technologie. Federführend war hier unter anderem Fred Tepper, der über seine Zeit bei „seaQuest DSV“ in einem Interview berichtet: „Mit dem Computer zu arbeiten war damals eine harte Sache. An einem Rechner konnte zwischen einer halben und mehreren Stunden pro Frame vergehen, und das bei einer Videoauflösung, die ungefähr einem Viertel von HD entspricht.“ Produktionsdesigner Richard Lewis und der von ihm engagierte Richard Conti führten im Frühling 1992 einige Tests mit LightWave 3D auf einem handelsüblichen Amiga 2000 durch, die Steven Spielberg gezeigt wurden. Tepper war beeindruckt und setzte alles daran, den Umgang mit der neuen High Tech zu lernen.
Im Dezember desselben Jahres war er so weit, dass er dem Team Aufnahmen von der gesunkenen Titanic vorstellen konnte, die er modelliert hatte. Seine Präsentation kam so gut an, dass er den Posten des CGI-Senior Animators bekam, den er sich mit Bruce Hall und John F. Gross teilte. Das letztliche Endergebnis war für damalige Verhältnisse beeindruckend und lässt sich mit Fug und Recht rückblickend als bahnbrechend bezeichnen.
Designs der Zukunft
Das fantastische Setdesign stammte von James Lima, der unter anderem die auf Stage 28 aufgebaute zukunftsweisende Brücke der seaQuest entwarf. Das U-Boot selbst basierte ursprünglich auf der Idee eines großen Flugzeugträgers, durchlief aber bis zu seinem endgültigen Aussehen viele Designphasen. Lima liebte organische Formen und so bediente er sich einer unverwechselbaren Ästhetik, die auch heute immer noch modern und sehenswert wirkt. Hinzu kamen weitere Fahrzeuge wie der „Sea Launch Transporter“, die „Stinger“ und der „Speeder“.
Ohne den animatronisch zum Leben erweckten intelligenten Delfin Darwin, der der beste Freund des jungen Genies Lucas Wolenczak wurde, wäre die Crew natürlich nicht vollständig gewesen und für die fantastischen Uniformen zeichneten Emae Villalobos (Walker, das Remake von Walker, Texas Ranger) und Stanley Moore (Castle) verantwortlich. Als erster kleiner Funfact sei am Rande erwähnt, dass die Taucheranzüge von einer Firma stammten, die tatsächlich den Namen „Seaquest“ trug, obwohl sie nichts mit der Namensgebung der Serie zu tun hatte.
Der Cast der ersten Staffel
Mit Roy Scheider (1932 - 2008) als Captain Nathan Bridger in der Hauptrolle gelang Amblin ein echter Coup. Scheider war mit Filmen wie der „Jaws“-Reihe und „Blue Thunder“ (hierzulande besser bekannt als: „Das fliegende Auge“) ein Star geworden und deshalb ein gutes Zugpferd für das neue Projekt. Dem Schauspieler gefiel anfangs die Idee, in einer nahen Zukunft Kommandant eines ultramodernen U-Bootes zu sein, das in den zahlreichen Unterwasserkolonien in den Weiten des Meeres für Sicherheit sorgt und Forschung betreibt.
Seine Figur basierte auf dem Physiker, Neuro- und Alternativwisssenschaftler John C. Lilly, der in den 60er Jahren der sogenannten „Californian counterculture of scientist“, (einer Art wissenschaftlicher Gegenbewegung, die mit teils mystisch angehauchten Methoden neue Wege gingen) angehörte. Als weiteres Vorbild diente der Unterwasserarchäologe und Professor für Ozeanografie Bob Ballard, der in der ersten Staffel am Ende jeder Folge durch die Vermittlung von aktuellem ozeanografischen Wissen Bezüge zur gerade gesehenen Episode herstellte. Das verlieh der Serie noch mehr Glaubwürdigkeit.
Scheider stand der leider viel zu früh verstorbene Jonathan Brandis (Brandis nahm sich am 11. November 2003 im Alter von nur 27 Jahren das Leben) als kongenialer Teenie-Nerd Lucas Wolenczak zur Seite. Don Franklin (Seven Days) übernahm den Part des integren Commanders Jonathan Ford und Ted Raimi (der Bruder von Sam Raimi) spielte den findigen Lieutenant Timothy O'Neill. Als weiteres kleines Funfact sei hervorgehoben, dass die drei genannten Co-Stars gleichzeitig die Einzigen waren, die über die gesamten drei Staffeln Laufzeit zum Main-Cast gehörten. Außerdem ließen es sich einige Schauspieler nicht nehmen, Verwandte in kleinen Rollen in den Cast „hineinzumogeln“. Das holografische Abbild von Jeff Bridgers Frau etwa, das in der Serie zu sehen ist, gehörte zu Brenda King, Roy Scheiders damaliger Ehefrau. Michael und Peter DeLuises Vater, Dom DeLuise, trat hingegen als Piccolos alter Herr in der Folge „Vapors“ auf.
Da man sich durchaus an Star Trek orientierte, bietet sich an dieser Stelle vielleicht ein kurzer Vergleich der Hauptfiguren und ihrer Darsteller vor allem in der ersten Season, an. Stephanie Beacham als Dr. Westphalen darf man beispielsweise durchaus mit Gates Mc Faddens Beverly Crusher von der Enterprise vergleichen. Nathan Bridger erinnert ohne allzu viel Fantasie aufwenden zu müssen an Captain Picard. Jonathan Brandis' Charakter Lukas Wolenczak ist in gewissem Maße wohl nicht ganz zufällig ein Abbild des jungen Wesley Crusher (Wil Wheaton), wobei jener bei vielen Fans wesentlich schlechter ankam, als der Delfin-Freund von der seaQuest. Die Figur war einfach besser ausgearbeitet und Brandis außerdem der bessere Schauspieler. Lediglich der Erste Offizier Commander Ford passt nicht richtig ins Bild, da der Charakter leider nicht die Würdigung erhielt, die er verdient hätte.
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(Fast) alles richtig gemacht
Am 12. September 1993 strahlte NBC die erste Folge aus und tatsächlich schien zunächst mit dem 300 Meter langen U-Boot, das die Meere erforschen und dabei die neu gegründete UEO beschützen sollte, alles in die richtige Richtung zu laufen. Abgesehen von den wundervollen technischen und schauspielerischen Voraussetzungen zeichnet sich die erste Staffel durch spannende und abenteuerliche Geschichten aus. Man blieb trotz der starken Science-Fiction-Elemente dennoch so nah an der damaligen Gegenwart, dass man sich als junger Erwachsener durchaus gut mit Crew und Schiff identifizieren konnte.
Das zeigte sich bereits im zweiteiligen Pilotfilm. In diesem übernimmt Captain Bridger nur widerwillig das Kommando über die seaQuest und muss sich gegen seine ehemalige Kollegin Marilyn Stark (Shelley Hack) behaupten, die nun eine Piratenflotte anführt. Mit „The Devil's Window“ folgt eine eigentlich typische Star Trek-Folge, in der es um einen Wissenschaftler geht, der Unterwasservulkanen die letzten Geheimnisse entlocken will und dabei fast eine Katastrophe auslöst. Richtig stark wird es in der Nummer vier, „Games“, in der der psychopathische Massenmörder Dr. Rubin Zellar sein Unwesen treibt und sich gegenüber Kapitän Bridger als Überlebender der Wachmannschaft ausgibt.
Die weiteren Folgen gestalten sich thematisch nicht minder bunt. Sie handeln von mysteriösen Meeresungeheuern, die die seaQuest attackieren, dem Besuch in einem unterseeischen Waffendepot, in dem fünf verlassende Kinder hausen oder von einem ehemaligen Wissenschaftler, der sich nun als Schwarzmarkthändler verdingt, um die Erforschung seiner Theorie der „spährischen Evolution“ zu finanzieren.
Fehler im System
Leider zeigte sich NBC mit den Zuschauerzahlen der ersten Season nicht zufrieden. So wurden, wie damals bei vielen Serien üblich, Konzeptänderungen vollzogen, die zumindest teilweise unverständlich bleiben. Statt dem nah-futuristischen Szenario eine zweite Chance zu geben, entschieden sich die obersten Bosse dazu, „noch mehr“ Science-Fiction- und Fantasy-Elemente in die Show einzubringen und den Cast zu verjüngen. Die Figuren Dr. Kristin Westphalen, Lieutenant Commander Katherine Hitchcock (Stacy Haiduk), Lieutenant Benjamin Krieg (John D'Aquino, JAG) und leider auch die überaus sympathische Identifikationsfigur Chief Manilow Crocker (gespielt von Royce D. Applegate) wurden versetzt und verließen das Schiff.
Rosalind Allen kam als neue Schiffsärztin Dr. Wendy Smith an Bord, Edward Kerr als James Brody. Michael DeLuise („21. Jump Street“) verstärkte die Crew als „Piccolo“ und sein Bruder Peter als Dagwood, ein gezüchteter Supersoldatenprototyp mit der Bezeichnung G.E.L.F.. Kathy Evison stieg last but not least als Lieutenant Lonnie Henderson ein. Weiterhin verlegten Universal und Amblin die Produktion aus diversen Gründen von Los Angeles nach Florida.
Vertane Chancen
Erwiesen sich diese Änderungen noch als vertretbar und teilweise sogar gelungen, traf das auf die konzeptionellen neuen Ideen leider nur zu Beginn der zweiten Staffel zu. Nachdem die seaQuest zum Ende der ersten Season in der Folge „Higher Power“ zerstört wird, werden im zweiteiligen Pilotfilm der zweiten Season, „Daggers“, die gleichnamigen Supersoldaten und somit auch die Figur des Dagwood eingeführt. Das nahm sich sehr spannend aus und führte zugleich gewisse dystopische Elemente in die Show ein.
Mit Edward Kerr, der von nun an der neue Sicherheitschef James Brody wurde, erhielten Personal und Schiff beispielsweise nun auch Laserwaffen. Ob dies notwendig war, mag dahingestellt sein. Der hohe Standard dieser Doppelfolge hielt sich noch für weitere vier, fünf Episoden, bis es dann mit dem immer schlechter werdenden Mittelteil langsam bergab ging. Mit „When We Dead Awaken“ oder „Splashdown“ war der vorläufige Tiefpunkt der Serie erreicht - und das, obwohl eigens dafür Mark Hamill als Gaststar gewonnen wurde.
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Wieder nichts
Dass die neuen Eingebungen nicht funktionierten, zeigte sich offenbar auch in den Einschaltquoten, denn NBC regte erneut eine Umstrukturierung an, die aus „seaQuest DSV“ nun „seaQuest 2032“ und im Grunde eine völlig neue Serie machten. Außerdem kam es wieder einmal zu Wechseln in der Crew. Roy Scheider hatte sich in Season zwei mehrfach negativ über die Entwicklung geäußert und war folgerichtig künftig nur noch als Gaststar in einigen sehr guten Episoden zu sehen. Der nicht minder bekannte Michael Ironside stieg dafür ein, was grundlegend nicht die schlechteste Entscheidung war.
Die Ausrichtung wurde militaristischer und düsterer. Als unnötigste Neuerung stellte sich sicherlich Elise Neal als Lt. Fredricks heraus. Jonathan Brandis, Don Franklin, die Brüder De Luise und Kathy Evison blieben, wie oben bereits erwähnt, dem Zuschauer erhalten. Vielen Fans gilt die dritte Staffel als schlechteste der Serie, eine Ansicht, die der Autor dieses Artikels nur bedingt zu teilen vermag.
Die Macher arbeiteten die dystopischen Anteile weiter heraus, strafften die Handlungsbögen und gestalteten sie actionlastiger. Sicherlich ging die ursprüngliche Idee der Entdeckung und Erforschung dabei verloren, was schade war. Doch bis auf eine Ausnahme („Good Soldiers“) wird man recht gut unterhalten. Leider sahen das die Zuschauer seinerzeit wohl anders. Weiter sinkende Quoten, die ständigen Änderungen und die grenzwertigen Ratings der ersten beiden Seasons ließen die Geldgeber zum Entschluss gelangen, die seaQuest endgültig auszumustern.
Nachwort
Zurück blieb eine kultverdächtige Science-Fiction-Serie der eine große Zukunft genommen wurde und die durchaus ein Remake verdient hätte. Hätten die NBC-Verantwortlichen nicht nur die Konkurrenz von Paramount ausstechen wollen, sondern sich auch deren Geduld - gerade mit Star Trek: The Next Generation - zum Vorbild genommen, wäre Ihnen eventuell aufgefallen, dass man einer so hochwertigen Show ein wenig Zeit lassen muss. Denn auch die „nächste Generation“ schwankte qualitativ in den ersten beiden Staffeln und war bei weitem nicht so erfolgreich, wie erhofft.
Dennoch schaffte sie es und gehört heute im Genre zu den großartigsten Produkten, die die Fernsehgeschichte womöglich hervorbrachte. Trotz des Irrpfades, den „seaQuest DSV“ durchlief, trotz aller Widrigkeiten und ihrer frühen Absetzung, versammelt die Serie bis heute verdientermaßen eine große Fangemeinde um sich. Denn die Idee, eine Geschichte in der nahen Zukunft unter Wasser spielen zu lassen und eine neue Welt auf dem Meeresboden zu erschaffen, war und ist fantastisch und sehenswert.
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Hier ist abschließend noch das Serienintro zur Serie „seaQuest DSV“: